(Raum-)Not macht erfinderisch

Jetzt wird's eng – könnte man diese Ausbildungsetappe überschreiben. Nach Manndeckung (in der Basisschulung), 1:5-Abwehr (im Grundlagentraining) und 3:2:1-Abwehr (im Aufbautraining 1) haben die defensiver ausgerichteten Abwehrsysteme 6:0 bzw. 5:1 zur Folge, dass den Angreifern deutlich weniger (Tiefen-)Raum zur Verfügung steht. Damit umzugehen, erfordert individuelle und mannschaftliche Kreativität, wie sie in dieser Entwicklungsstufe verstärkt vermittelt werden soll.


Individuelles Angriffsspiel

Individuelle Stärken identifizieren und ausbauen

Nach Festigung verschiedener Technikvariationen steht im Aufbautraining 2 das gezielte Schärfen eines individuellen Spielerprofils im Fokus (Welcher Spieler kann welche Technikvariation zum „Aushängeschild“ entwickeln?). Vielseitig ausgebildete Spieler haben ein sehr großes Handlungsrepertoire, greifen aber in einer taktisch zu lösenden Situation (Technikanwendung) mit Vorliebe auf ihre ausgemachten Stärken zurück. Die Arbeit an den individuellen Stärken soll in dieser Entwicklungsphase eine dominante Rolle einnehmen, ohne dabei den Abbau der Schwächen aus den Augen zu verlieren.


Individuelles Abwehrspiel

Positionsspezifische Individualisierung

Im Wettspiel kommen jetzt defensivere Systeme – eine ballorientierte 6:0- bzw. 5:1-Abwehr –zum Einsatz. Die dafür erforderlichen individuellen Fertigkeiten haben die Spieler in den vorherigen Entwicklungsstufen erworben und optimiert.

Während die bisherige individuelle Ausbildung positionsübergreifend erfolgte, werden im Aufbautraining 2 spezifische Profile (auf den Außenpositionen, auf den Halbpositionen, in der Innenverteidigung und – in der 5:1-Abwehr – auf der offensiven VM-Position) ausgebildet. 


Kooperatives Angriffsspiel

Anpassung der Kooperationen an kleinere Räume und veränderte Abwehrspielweisen

Im Aufbautraining 2 verändern sich die Rahmenbedingungen für das kooperative Spiel signifikant. Es gilt, die bekannten Kooperationsformen an die veränderten Übergabe-/Übernahme-Regelungen bzw. (Wechsel-)Absprachen der Abwehr (z. B. wechselnde Zuständigkeit der Verteidiger für Kreis- und Rückraumspieler) im Rahmen der nun praktizierten 6:0- bzw. 5:1-Formation anzupassen. Aufgrund der geringeren Tiefenräume in diesen Abwehrformationen verändern sich vor allem die taktischen Zielstellungen einzelner Kooperationen.


Kooperatives Abwehrspiel

Komplexe Kooperationsleistungen

Im Aufbautraining 2 rückt das Verteidigen in einer 5:1- bzw. 6:0-Formation in den Vordergrund – Systeme, denen eine zunehmende Bedeutung von Wechselabsprachen gemein ist. Ein wesentlicher Unterschied besteht hingegen in der räumlichen Wirkung: Während die 5:1-Abwehr als 2-Linien-Abwehr an die bekannten Systeme (1:5, 3:3, 3:2:1) anknüpft, erfordert die 6:0-Abwehr eine Anpassung der bereits erlernten Abwehrkooperationen an eine neue räumliche Struktur.


Kollektives Angriffsspiel

Mannschaftstaktische Spielsteuerung

In dieser Ausbildungsstufe treffen die Angreifer nicht nur auf die gesamte Bandbreite der gängigen Abwehrsysteme, sondern müssen sich darüber hinaus auch mit gezielten, gegen einzelne Angriffsstrategien gerichteten Abwehrtaktiken auseinandersetzen. Dabei erhält die eigene Spielstrategie eine zunehmende Gewichtung.

Weiterhin ist die Organisation von Spielsituationen von elementarer Bedeutung (z. B. Verteidiger gezielt isolieren). Die Spieler sollen dabei ihre Auslösehandlungen an den Gegner und ihr Spielverhalten der gesteigerten Dynamik anpassen. Gegnerspezifische Schwächen (Spielsystem/Personal) sollen erkannt und genutzt werden.


Kollektives Abwehrspiel

Einführen der 6:0-Abwehr – 2-Linien-Systeme als Alternative (5:1- bzw. 4:2-Formation)

Im Spitzenhandball ist die 6:0-Abwehr das vorherrschende Deckungssystem – eine Entwicklung, die auch als Antwort auf das perfektionierte Zusammenspiel mit dem Kreisspieler selbst auf engstem Raum sowie die enorme körperliche Präsenz der Kreisspieler zu verstehen ist. Die permanent wechselnde Zuordnung der Verteidiger zu unterschiedlichen Angreifern (= Wechselabsprachen) ist Grund für die Komplexität dieses Abwehrsystems und nimmt – einschließlich der damit einhergehenden Kommunikation – im Rahmen des mannschaftstaktischen Abwehrtrainings breiten Raum ein.


Positionsspezifisches Angriffsspiel

Positionsspezialisierung unter Berücksichtigung individueller Voraussetzungen, Perspektiven und Stärken

Zusätzlich zu den in Aufbautraining 1 aufgeführten positionsspezifischen Anforderungen erhält die individuelle, konstitutionelle, kognitive und motorische Basis des jeweiligen Spielers eine höhere Relevanz. Das bedeutet, dass unterschiedliche Spielertypen (auf der gleichen Angriffsposition) innerhalb des positionsspezifischen Anforderungsprofils unterschiedliche Ausprägungen etablieren – ggf. auch mit Auswirkungen auf die jeweils zu leistenden Trainingsumfänge.


Torwartspiel

Die Komplexität im Torwartspiel nimmt zu

Die im Aufbautraining 2 zunehmend defensivere Abwehrspielweise (5:1, 6:0) hat zur Folge, dass häufiger von den Rückraumpositionen abgeschlossen wird. Aus diesem Grund gewinnt die Kooperation von Torwart und Verteidigern (Halb- und Innenverteidiger) an Bedeutung. Bei der Absprache bezüglich der Aufteilung „Blockecke – Torwartecke“ übernimmt der Torwart die Führungsrolle.


Tempospielangriff/-abwehr

3. Welle

Im Aufbautraining 2 wird das Tempospiel um eine Facette erweitert: Während bislang das Hauptaugenmerk auf Einführung und Verbesserung von 1. und 2. Welle lag, sollen die Spieler jetzt lernen, auch dann druckvoll weiterzuspielen, wenn die 1./2. Welle nicht gestartet bzw. erfolgreich abgeschlossen werden konnte, weil sich das gegnerische Team schnell genug zurückgezogen hat.


Motorik/Athletik

Vollständige Individualisierung

Im Aufbautraining 2 erhöhen sich Intensität und Umfang der athletisch-motorischen Ausbildung, wobei die Inhalte aus dem Aufbautraining 1 im Wesentlichen beibehalten werden. Die Individualisierung wird fortgeführt und in Richtung Positionsspezialisierung weiterentwickelt. Dabei ist die individualisierte athletische Ausbildung auf Basis einer entsprechenden Leistungsdiagnostik am jeweiligen positionsspezifischen Anforderungsprofil der Spieler auszurichten.


Leistungsdiagnostische Begleitung

Gezielte Trainingssteuerung

In dieser Ausbildungsstufe dient die Leistungsdiagnostik der gezielten Trainingssteuerung im langfristigen Leistungsaufbau. Neben dem systematischen Einsatz der bereits bekannten Testverfahren und Hilfsmittel ist eine Trainings- und Spielprotokollierung zu empfehlen.


Leistungssportausrichtung

Schwerpunkt: „Der spezialisierte Leistungsaufbau“

Im Aufbautraining 2 erfolgt ein „spezialisierter“ Leistungsaufbau. Mithilfe gezielter Detailarbeit soll eine positionsspezifische Spielfähigkeit entwickelt werden. Dabei steht weiterhin die Individualisierung der athletischen und technisch/taktischen Ausbildung im Fokus, aber auch kooperative und kollektive taktische Ausbildungsinhalte gewinnen weiter an Bedeutung. 


Spielerpersönlichkeiten entwickeln

Rolle definieren

In dieser Ausbildungsstufe definieren die Spieler über die handballspezifische Spezialisierung (Position, individuelle Ausprägung) mehr und mehr ihre künftige Rolle auf dem Spielfeld; dieser Prozess muss sich in der Erarbeitung der psychischen Leistungsvoraussetzungen widerspiegeln.

Wichtige Ziele sind die Entwicklung eines realistischen Selbstbildes sowie einer möglichst korrekten Einschätzung der eigenen Stärken und Potenziale als Voraussetzungen für eine optimale Identitätsfindung.